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Aller Anfang ist schwer

Montagmorgen Zehn vor Sechs, der Wecker läutet. „Ich hasse Montage“ und „Nur noch fünf Minuten“ denke ich bei mir. In bester Guerilla-Taktik verübe ich aus dem Hinterhalt einen schnellen Anschlag auf die Schlummertaste meines Weckers. Danach habe ich für den Rundbrief für die deutsche MPS-Gesellschaft einen Artikel geschrieben, wie ich meine Freizeit mit Arbeit und Schule unter einen Hut bringe. Der Artikel kam so gut an, dass Michi euch den Text gerne auch im MPS-Falter bringen möchte. Bitte sehr…

An die Arbeit

Von meiner Wohnung zu meiner Arbeitsstelle HT Labor- und Hospitaltechnik in Heideck fahre ich zehn Kilometer. Dort habe ich von der Firma einen festen Parkplatz fast direkt vor der Türe bekommen. An meinem Arbeitsplatz steht ein spezieller Skoliose-Stuhl. Dieser hat eine zweigeteilte Rückenlehne und ist mit Tempurschaum aufgepolstert. Auch unsere Azubis sind sehr hilfsbereit, so finde ich zum Beispiel in der Früh eine Kanne voll Tee an meinem Platz, da unsere Teeküche im ersten Stock ist und die Treppen für mich zu steil sind.

Nachdem der Rechner hochgefahren ist, schaue ich nach, ob irgendwelche Notfälle oder Hilfsanfragen in meiner Postbox gelandet sind. Nein? Gut! Also auf zum Tagesgeschäft. Da habe ich einen wirklich abwechslungsreichen Arbeitsplatz. Gelernt habe ich Technischer Zeichner, aber mittlerweile bin ich in die Programmierung „abgedriftet“. So programmiere ich für unsere automatische Fertigungsstraße variante Maschinenprogramme. Also Programme, in die ein paar Werte reingeschüttet werden und hinten fällt aus der Maschine das fertige Teil raus. Damit habe ich meine Programmiererlaufbahn in der Firma begonnen.

Später kamen dann die Schnittstellen zu den Konstrukteuren dazu, so dass diese nicht mehr alle Daten per Hand übertragen müssen, sondern nach der Konstruktion der Bauteile nur noch auf den „Mach mal Knopf“ drücken müssen. So haben sich meine Sprachkenntnisse von Fränggisch und Englisch (nein, kein Hochdeutsch) mittlerweile um ein ganzes Sammelsurium an Programmiersprachen erweitert. Von Fortran über Object Pascal bis zu C#.

Viele von uns MPS-Betroffenen haben ja leider schon Erfahrung mit den Produkten von HT Labor+Hospitaltechnik machen müssen. So haben wir in vielen deutschen und österreichischen Krankenhäusern die OPs, Intensivstationen und Krankenzimmer ausgestattet. Als ich vor 10 Jahren dort angetreten bin, habe ich mir nicht so richtig vorstellen können, was in einem kleinen Ort wie Heideck so vorgeht und dass diese Firma weltweit Projekte abwickelt.

Durch die Vielzahl verschiedener Produkte, die wir bauen, lerne ich jeden Tag Neues dazu. Wie werden Hochsicherheitslabore gebaut, wie funktioniert das mit dem Strahlenschutz, Schallschutz und so weiter. Wenn ich mal nicht programmiere, dann helfe ich mal bei der Ausarbeitung der Produkte mit (und debugge meine Programme gleich mit 😉 ), betreue Nutzer im Ressourcenmanagementsystem oder helfe der Fertigungssteuerung mit Anpassungen in deren System. Also, mir wird nicht langweilig. Nach einem angefüllten Arbeitstag geht es dann nach Hause. Feierabend, wie das duftet…

Zuhause heißt es erst mal Kräfte tanken. Am besten mit einem grünen Tee. Bis der fertig ist, hab ich meine Schulsachen hergeholt. Ist schon irgendwie seltsam. Als Kind geht es ab in den Kindergarten und du denkst dir „Vorher war irgendwie mehr Freizeit“. Dann ab in die Schule: „Im Kindergarten war’s irgendwie schöner“. Danach in den Beruf: „Schule war irgendwie entspannter“. Also hab ich mir gedacht, gehst du halt wieder in die Schule. Hab unterschrieben und dann ist mir aufgefallen: „Fernlehre— Mist: Schule und Arbeit, arghh!“ Bis jetzt hat es aber ganz gut geklappt und so bin ich nun im dritten Semester der Weiterbildung zum Staatlich geprüften Techniker. Nur noch bis 2019… Da gibt es nicht wirklich viel zu sagen. Schule halt. Mathe, Physik, Chemie (also die Sache mit den Säuren ist einfach ätzend), Konstruktion und Entwicklung, Maschinenelemente und so Zeug. Das ist anstrengend aber auch wahnsinnig interessant. So verbringe ich grob eine Stunde grübelnd und rechnend über verschiedenen Büchern und Heften.

Wie hoch ist jetzt nochmal der Kalorienverbrauch von einem auf Hochtouren laufenden Hirn in der Stunde? Je nachdem wie lange ich das durchhalte, fällt die Lerneinheit mal länger oder kürzer aus. Einer der Vorteile, wenn ich mir die Zeit selber einteilen kann. Keine Semesterferien und jeden Monat circa 45 Stunden Lernzeit neben der Arbeit, das zehrt. Leider gehen da auch noch einige Wochenenden drauf, da ich unregelmäßig an Samstagen den Tag in der Schule verbringe. Derzeit sind wir noch 15 Leute in der Klasse. Das wird so eine „Last man standing“-Sache. Zur Entspannung gibt’s dann noch ne runde Zocken am PC oder ein bisschen Webprogrammierung für die Gemeindehomepage.

Manche nennen es Musik

Glücklicherweise besteht das Leben ja aus mehr als nur Arbeit und Schule. So ist einmal die Woche Bandprobe der „Jugendband“. Die Anführungszeichen sind Absicht. Das ist wohl unser vorläufiger Name, bis wir uns auf einen anderen Namen geeinigt haben. Und von uns ist mittlerweile jeder zu alt um auch noch mit viel gutem Willen als jugendlich durchzugehen. Jedenfalls proben wir einmal die Woche für Gottesdienste, Konfirmationen, oder auch mal eine Hochzeit. Was für ein Instrument spiele ich da? Angefangen habe ich mit Bass.

Da leider unser Gitarrist überraschend abgesprungen ist, bin ich auf Gitarre umgeschwenkt. So viele Saiten. Mit dem Bass musste ich nur zwei Töne spielen. „Brumm“ und „Dröhn“. Jetzt kommt noch „Schrammel“ und „Schrumm“ dazu. So haben wir zusammen viel Spaß und auch die zeitweise drohende Auflösung ist vom Tisch. Nur singen lassen sie mich nicht. „Du willst doch, dass die Leute aus den richtigen Gründen weinen“ war die Antwort auf mein Angebot bei einer Hochzeit zu singen. Also ich weiß ja nicht, für Deathmetall reichen meine Sangeskünste allemal, hehe.

Nebenher tobe ich mich dann als „Soloprojekt“ in meinem kleinen Heimstudio aus. Da passt dann die Stimme wieder zur Musik. Laut, hart und schnell. Manche Leute gehen ins Fitnessstudio, um etwas für ihre Ausdauer zu tun. Habt ihr euch schon mal gefragt, warum die Musiker auf der Bühne so schwitzen? Drei Minuten Hard‘n Heavy können ganz schön anstrengend sein. Und dann auch noch dieses sinnlose hin und herlaufen… Meine armen Nachbarn.

Ab und zu treffe ich mich auch mit ein paar Bekannten zum Trommeln. Da trommeln wir dann auf Congas, Bongos und Djemben. Was halt grad zur Hand ist. Manchmal ist auch eine Sitar mit am Start, da vergessen wir oft die Zeit. Nach einer dreiviertel Stunde und mehr fragen wir uns dann manchmal wie in gefühlten drei Minuten so viel Zeit vergehen konnte. Manchmal passiert es auch, dass ich für Projekte als „Auftragsbassist“ angeheuert werde. So lerne ich dann bei den Auftritten immer wieder Leute kennen, die mir so nie über den Weg gelaufen wären. Musik verbindet. Bis nach Papua Neu Guinea.

Schlaf Kindlein, schlaf

Nach einem anstrengenden Tag mach ich mir noch ein Abendessen. Manchmal vereinfache ich auch dessen chemische Summenformel Richtung C (Kohlenstoff)1). Dann fallen mir meistens schon die Augen zu. Also ab ins Bett, noch ein böser Blick zu meinem alten Erzfeind, den Wecker und Zzzzzz.

Öfter mal was Neues…

Seit neuestem bin ich Patenonkel. Und das mit Hingabe. Seit 22.05.2017 mache ich nun auch einmal die Woche EET. Da bin ich schon ganz gespannt darauf, was sich da im Lauf der Zeit alles ändern wird. Wie bekomme ich also Beruf, Schule und Freizeit unter einen Hut? Keine Ahnung, einfach machen.

Jeden Tag was neues. Was morgen so alles passiert?

Euer Markus W.

1) Soll heißen: es brennt ganz ordentlich an.

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